georg klein
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    Georg Klein - Klang | Video | Medienkünstler und Komponist - lebt seit 1987 in Berlin, zeitweise auch in Rom, Istanbul und Los Angeles, und unterrichtet an der Universität der Künste Berlin (UdK) als Professor und Leiter des Studiengangs 'Sound Studies and Sonic Arts'.

"In Klang- wie Medienkunst sind die Arbeiten von Georg Klein eine Ausnahmeerscheinung. In der Klangkunst gibt es keine andere künstlerische Position, die sich in ähnlicher Intensität und Konsequenz mit der gesell-schaftlichen Wirklichkeit und dem urbanen öffentlichen Raum auseinandersetzt. In der Medienkunst sind diese Themen zwar stärker verbreitet, aber auch dort findet man weder Künstler, die dem Musikalischen und Auditiven eine ähnliche Bedeutung einräumen, noch kennen sie die Form des Ortsbezugs, die Klein entwickelt hat. Diese beiden Aspekte machen das Besondere im ästhetischen Denken dieses Künstlers aus – die Genau-igkeit und Sensibilität, mit der er für ein Projekt Klänge, Geräusche, Bilder, Gedichte oder Textkompositionen auswählt, ist ebenso ungewöhnlich wie der Ortsbezug, der den Kern seiner Ästhetik bildet." (Prof. Sabine Sanio)

'Ankündigung der Wirklichkeit'
Portraitsendung von Thomas Groetz, DeutschlandFunk Kultur 2014/2019 (58min.)

mit Fotodokumentation:

 
     

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transition georg klein
TRASA
EUBW Watch Tower
Godwin
Gnade Jobcenter
Gnade Jobcenter

 
   

Der vielfach ausgezeichnete Klang- und Medienkünstler Georg Klein begann mit einem Studium zum Toningenieur / Kommunikationswissenschaft (zunächst an der TU München, dann an der TU Berlin). Von 1991-94 arbeitete er in einem DFG-Forschungsprojekt zur Visualisierung von gesprochener Sprache für Gehörlose an der Technischen Universität Berlin.
Von 1991-98 studierte er Religionsphilosophie und Vergl. Musikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und unterrichtete als Gastdozent 1999 und 2000 an der FU Berlin.
1998 - 2001 studierte er elektronische Komposition am Elektronischen Studio der TU Berlin sowie 2003 in Klangkunst, Videokunst und Musiktheater an der Universität der Künste Berlin.

Georg Klein ist seit vielen Jahren mit Vorträgen und Workshops im In- und Ausland unterwegs und unterrichtet seit 2010 an verschiedenen Hochschulen als Klangkünstler, seit 2013 regelmäßig an der Universität der Künste Berlin (Sound Studies / Studium Generale).
In 2013 ist er Mitgründer der Gruppe Errant Sound zur Entwicklung eines unabhängigen sound art project space in Berlin (mit ca. 15 Klangkünstler/innen) und seit 2017 Vorsitzender des Vereins Errant Sound e.V.
Georg Klein ist in den letzten Jahren vermehrt auch als Veranstalter und Kurator tätig (2014 am Museums-Quartier Wien und zuletzt mit dem senatsgeförderten Sound Art Festival DYSTOPIE in Berlin.

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Seit 1996 ist Georg Klein selbständig als Komponist, zunächst mit kammermusikalischen Werken und Live-Elektronik (Intern. Gustav-Mahler-Kompositionspreis 1999) sowie Musik zum Film (Intern. Filmfestspiele Berlin 1997) und Theater (mit Peter Zadek/ Berliner Ensemble, 2004-2008).

Juli 2000: Konzeptionelle Grundlegung von comaberlin: Produktion intermedialer Kunst. Seitdem überwiegend mit ortsspezifischen Installationen im öffentlichen Raum vertreten, die ausgehend vom Ort den Alltagsraum mit Klang, Texten, Licht und Video verdichten und transformieren und mittels interaktiver und partizipativer Konstellationen in den öffentlichen Raum eingreifen.

Mit seiner ersten Installation – transition (2001-2002) – in einer Skulptur von Richard Serra vor der Philharmonie in Berlin entwickelte Georg Klein sein Konzept einer kontextbezogenen Herangehensweise, die auf einer genauen Untersuchung des Ortes basiert. Form und Material des skulpturalen Raums von Serra wurden prozesshaft ins Akustische übersetzt und mittels zwei von Angela Winkler und Otto Sander gesprochenen Texte das Gedächtniss des Ortes (NS-Euthanasiemord, Mauerfall) in den Raum eingetragen. Daraus entwickelte sich eine ortsbezogene, künstlerische Recherche und psychogeographische Situationsbestimmung (3-Schichtenmodell: sozial-situativ, formal-material, historisch-politisch), für die Georg Klein mit seiner zweiten Installation an einem Bahnhof im Ruhrgebiet mit dem Deutschen Klangkunstpreis 2002 ausgezeichnet wurde (Ortsklang Marl Mitte, Skulpturenmuseum Marl, 2002). In Imperial News (Rotes Rathaus Berlin, 2003), einer Installation zur Oberflächenwahrnehmung von Nachrichtensendungen im Irakkrieg, setzte er zum ersten Mal das Medium Video ein, das seitdem zu einem integralen Bestandteil seiner Arbeiten wurde.

Die Entwicklung eines politisch-situativen Klangkunstbegriffs, die Transformation des Raums durch zeitbasierte Medien und der Einsatz medialer Konzepte der Interaktion, Partizipation und Intervention in den öffentlichen Raum wurde seitdem auch in theoretischen Texten erörtert (s. Literaturliste). Als Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Neue Musik (bgnm) veranstaltete er zudem Diskussionsreihen in der staatsbank berlin mit den Themen: musik|politik (2002), reflexzonen (2003), Migration (2004), Video-Konzerte (2005).

Mai 2003: Gründung von KlangQuadrat – Büro für Klang- und Medienkunst Berlin (GbR) mit Julia Gerlach zur Organisation und Produktion von Klang- und Medienkunstprojekten im In- und Ausland (Antragstellung, Finanzcontrolling, Realisation). Koop. mit Hauptstadtkulturfond, div. Goethe-Institute, Bundesaussenministerium, Museum für Naturkunde, etc.)
Mit der Erweiterung des öffentlichen Raums durch die Ineinanderspiegelung zweier Orte über Livestreams in TRASA (2004) wurde Georg Klein international bekannt. Für diese Arbeit entwickelte er einen binationalen, audiovisuellen Raum simultan in zwei U-Bahn-Stationen in Berlin und Warschau. Der Raum wurde durch Interaktionsmöglichkeiten in einem closed-circuit-Verfahren zu einer öffentlichen Bühne für die partizipierenden Besucher und Passanten, die mit dem Angebot - und zugleich der Einschränkung - von Kommunikationsmöglichkeiten spielt. Wie in transition ist auch in TRASA die offene Form entscheidend, mit der der Prozesscharakter im Werk betont wird.

In 2005 Erste Zusammenarbeit mit der Schweizer Performance- und Videokünstlerin Steffi Weismann. Seitdem ergab sich eine stetige, gemeinsame Entwicklung von performativen und interaktiven Interventionen, die zu dialog-orientierten Installationen führte (pick up in einem Kiosk, Bern 2005, takeaway in einem Imbisswagen, SONAMBIENTE Berlin 2006) und zu performativen Interventionen (venture doll in versch. Supermärkten in Los Angeles 2008, bei der eine eigens entwickelte Roboterpuppe als Ernährungs- und Einkaufsberater fungierte, s. Werbevideo auf www.savvy-shopping.info).

2006 wurde Georg Klein der mit 12000 Euro dotierte Medien-Raum-Preis (NRW) verliehen. In derselben Zeit begann er seine TOWER TRILOGY, die sich mit einer besonderen architektonischen Form, dem Turm als Symbol gesellschaftlicher Machtausübung, auseinandersetzt. Im Rahmen eines Residenzstipendiums in Olevano Romano (Villa Massimo / Casa Baldi) wurde der erste Teil erarbeitet: turmlaute.1: Hungerturm (Rom 2006), der sich nach innen wendet während sich der zweite Teil, turmlaute.2 : Wachturm (Berlin 2007) nach aussen wendet. Diese Arbeit enthält eine neue Öffentlichkeitsstrategie durch die Anwendung eines Fakes: der Gründung einer Überwachungsorganisation - der EUROPEAN BORDER WATCH - für Bürger der EU gegen illegale Immigration. In einem frei begehbaren DDR-Grenzwachturm wurde ein Registrationszentrum mit einer interaktiven Überwachungsinstallation eingerichtet und die Bürger vor Ort sowie über Pressemitteilungen, Email-Nachrichten und einer eigenen Website zur privaten Überwachung der EU-Außengrenzen aufgefordert (www.europeanborderwatch.org). Die Vermeidung eines offensichtlichen Kunstcharakters zugunsten einer affirmativen, alle Medien einbeziehenden Öffentlichkeitsstrategie löste bei Publikum und Presse international große Irritationen aus.

In 2008 kam an der
Medienfassade der O2-World-Arena in Berlin sonic parole zur Aufführung; eine Videoarbeit, für die pseudo-revolutionäre Werbesprüche der Konsumindustrie gesammelt, ihres Werbeprodukts entledigt und in den öffentlichen Raum zurückgeworfen wurden. Mit der darauffolgenden Installation Sprich mit mir (2009) im Rotlichtviertel Braunschweigs ging eine der schwierigsten Recherchephasen einher: Interviews mit Freiern von Prostituierten, die anschließend über eine Sprechsäule vor Ort in die Öffentlichkeit gestellt wurden (s. Kunstforum International, Bd. 212, 2011).

Die künstlerische Recherche, die bereits in der ersten Installation transition (2001) erprobt wurde, wird zu einem Hauptteil der künstlerischen Arbeit, die die gesamte Konzeption bestimmen kann. Dabei spielt die thematische Fokussierung sowie die Frage nach der Rezeption, also des Umgangs mit dem Publikum eine große Rolle. Die affirmative Strategie eines Fakes im öffentlichen Raum wurde wieder in der Arbeit Ramallah Tours (2009) im israelisch-palästinensischen Konflikt angewandt. In einer israelischen Innenstadt wurde ein palästinensisches Taxi aufgestellt, das Klänge und Stimmen von sich gab und damit auf seine Beschriftung www.ramallahtours.info aufmerksam machte. Auf der Website wurden Touren nach Ramallah zur Buchung angeboten - "safe & easy", was angesichts der politischen Lage absurd erscheint, aber durch diese Absurdität hindurch die Lebensrealität dieses Konflikts deutlich macht.

Das Thema der Grenze und ihrer Überschreitung - im physischen wie psychischen Sinne - stand auch im Zentrum der Einzelausstellung borderlines, die 2011 im Rahmen des European Media Art Festivals (EMAF) gezeigt wurde und 4 Installationen und Projekte vorstellte, u.a. die audiovisuelle Installation Cuts and Creeds (2010), bei der muslimische Selbstmordattentäter westlichen Amokläufern gegenübergestellt werden, und die Arbeit Make me wild - Godwin (2011), bei der ein illegaler Immigrant aus Nigeria in Osnabrücks Straßen und weiteren Städten Europas auftauchte.

Die Verschränkung des physischen mit dem medialen öffentlichen Raum, die zunehmend unsere Realität bestimmt, wird unabhängig vom gewählten, künstlerischen Medium immer mehr zum zentralen Punkt in Kleins Arbeiten, die spezifische Kommunikationssituationen generieren, den öffentlichen Raum ästhetisch verdichten und politisch-situativ aufladen.

Die Klang-Licht-Installation Der gelbe Klang2 von 2012 für die umfassende Klangkunstausstellung SOUND ART am ZKM Karlsruhe ist ein Verweis auf die frühen Ursprünge der Klangkunst, eine Reminiszenz an Wassily Kandinsky's Text "Über Bühnenkomposition / Der gelbe Klang" von 1912, in dem er eine neue Verbindung der Künste auf einer abstrakt-materialen Basis fordert. Mit der zweiteiligen installation GNADE im Sommer 2012 - mit interaktiven Gnade-Schriftzügen vor Banken und einem medialen Gnadenaltar in einem barocken Raum - wurde die zeitdiagnostische Qualität dieses altertümlichen Begriffs herausgearbeitet und provokativ in den öffentlichen Raum gestellt.

Fortgesetzt wurde die Beschäftigung mit dem globalen Finanzsystem in Kooperation mit Steffi Weismann (UNzuRECHT, Schweiz 2013), worin die verschiedenen Arbeitsprozesse im globalen Rohstoffhandel in einer nur für einen Besucher zugänglichen, audiovisuellen Raumsituation zur Darstellung kommen. In dem permanenten Sound Walk toposonie :: spree (Berlin, 2013) wird der Zuhörer vor Ort in eine zweite Wirklichkeit geführt, die einen akustischen Blick hinter die Fassaden der Regierungsbauten an der Spree ermöglicht (per Smartphone-App).

2015 wurde auf der Einzelausstellung borderlines sein thematischer Werkkatalog im Kunsthaus Meinblau, Berlin, vorgestellt. Sein reinszeniertes Projekt "European Border Watch" wurde auf dem European Media Art Festival (EMAF 2015) mit dem Dialogpreis des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
'Grenze und Migration" sind auch in den folgenden Arbeiten zentrales Thema: 2016 entwickelte er mit Deep Difference Unit eine Lautsprecherskulptur zur Grenzthematik zwischen Nord- und Südkorea, die auf dem Daegu Contemporary Art Festival Gangjeong in Südkorea lief.

In 2017 wurde die permanente, zweiteilige Klanginstallation GRÜN HÖREN auf der Internationalen Gartenausstellung Berlin (IGA) realisiert, die in einem internationalen Wettbewerb ausgewählt wurde und Migration in der Natur (alien species) thematisierte. Mit dem Errant Sound Project Space veranstaltete und kuratierte er 2018 das internationale Sound Art Festival DYSTOPIE in Berlin mit dem Gastland Türkei. 2019 war er Stipendiat der Villa Aurora (Los Angeles). 2020 wurde das 2. DYSTOPIE-Festival mit Brasilien als Gastland von der Kulturstiftung des Bundes gefördert.

2021 realisierte er die immersive Klang-Video-Text-Installation Dark Matter zum Thema Hate Speech in rechtsradkaler Musik und Propaganda sowie weitere Installationen im öffentlichen Raum (passage, intraregionale Hannover und 3 neue Schwestern, Musikfestival Witten). Seit 2022 ist er Professor für Klangkunst an der Universität der Künste und Studiengangsleiter im Masterstudiengang 'Sound Studies and Sonic Arts' in Berlin.

 
   


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